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Hüttenzauber - Donnerstag, den 07.09.2023

Aufgabenteilung und Verantwortung übernehmen . . .


Heute Nacht schlafe ich auf der Terrasse. Manche Sätze muss man sich überlegen, bevor man sie ausspricht oder vorliest. Eigentlich war der Plan, alleine oder mit Simon ruhig und gechillt den Sternenhimmel zu genießen, aber mit diesem einen Satz habe ich dann 14 Kinder auf die Idee gebracht auch draußen zu ruhen – war gut – bis Simon und ich raus kamen. Nach einer kleinen Abschiedsrunde oder war es doch eher eine Abginsrunde? mit den Damen der Biketour war es schon angenehm still und das Genießen der Sternbilder, die ich nicht gefunden habe, weil ich keine Ahnung davon hab, hat tatsächlich stattgefunden. Es war die beste Nachtruhe der bisherigen Tage und der Sonnenaufgang ein Traum – die Morgenroutine läuft. Die Erwachsenen, also ich, müssen nur den Zündschlüssel drehen und den Rest machen die Kinder perfekt. Am Aufräumen und sauber machen können wir noch ein paar Tage arbeiten. Die Vollpensioner mit den Mountainbikes packen ihre Sachen in den Bus. Sie radeln heute zu ihrem nächsten Standort – viel Spaß noch ihr Lieben. Nachdem alles erledigt ist, treffen wir uns im Gastraum und besprechen den Tag. 

In Zweierteams sollen die Kinder die einzelnen Essensstationen besetzen. Handkes, sein weißer Bruder, Fläschknepp, Hausmacher, Subb un Worschd, Worschsalad, Waffeln und die Theke mit Spüldienst werden verteilt und besetzt. Die Pärchen finden sich und richten gemeinsam einen Probeteller an, sodass jeder weiß, wie es später funktionieren muss. Lipgloss und die Grinsekatze am Waffeleisen, Mälzer und ImmerHunger am Weißen Käse, Yannick und der Tiroler am Handkes, der Doppelkonsonant und der Tiroler am Wurstsalat, der Kreisklassenkicker und der Kompass an de Fläschknepp, Stirnlocke un de Schaffschuhverschdeggler an Suppe und Wurst, sEBike und der Trinkgeldgott/vorher Quick  an der Theke. Schmalhans, der Daumenspalter, Eval Knievel, ichhabmeiWasservergesse, Ert beginnen ihren Arbeitstag draußen. Der Anfang klappt gut und der erste Weisherbstschorle geht gegen halb elf über den Tresen. Da es an einem normalen Wochentag schleppend losgeht, werden die Küchenmaden schnell unruhig und sie langweilen sich. Einer muss immer da sein wird ausgemacht und wenn Gruppen kommen müssen die Teams funktionieren und siehe da: sie funktionieren. Zwei Schulklassen und ständig neue Wanderer oder Biker. Unter den Bikern mein ehemaliger Sportlehrer. Die Studis ziehen sich bewusst auf die Terrasse zurück und erzählen mit den Zugspitzlern von Volker und Felix. Plötzlich sind sie alleine und rotieren. Die festgelegten Plätze werden verlassen, weil einzelne Stationen gar nicht besetzt sind. Der Nachschub an Suppe wurde vergessen und nun müssen 5 Suppen raus – mit und ohne Wurst, aber keine Würste nachgelegt – Problemlage. Ich halte es nicht aus und greife unter 10 Arme. ImmerHunger ist der Mann für alle Fälle. Die Stirnlocke hält die Spülmaschine im Dauerbetrieb – er malocht richtig – angekommen. De Kreisklassekicker strahlt Ruhe aus und dirigiert die jüngeren Kids um sich herum sehr geduldig. An der Theke stehen 10er Mädels und sEBike wird zum Gockel auf dem Hühnerhof. Er hackt die Jungen weg, obwohl sie eigentlich nur ihren Job machen wollen – nicht gut – Teamarbeit geht anders. 

Die Außengruppe hätte genug zu tun, aber sie tun nichts Produktives. Mitten in diesem Ansturm, der den Kindern für eineinhalb Stunden den kommenden Sonntag vor Augen führt, meldet sich Rossi und ich bewege den Bus mit Nele und dem EBike zum Taubensuhl. Das Gepäck der Biker findet seinen Weg. Im Anschluss Einkaufen im C&C, Flammkuchenbretter an der Schule abholen und zwei Blechkuchen, die der Kleine mit Susanne für uns gebacken hat. Sie sehen phantastisch aus und schmecken später auch so. Zu Hause noch schnell nen Akkuschrauber fürs Bienenhotel holen und dann zurück auf die Hütte – eine sehr entspannte, ruhige Fahrt. Der Hinweg war extrem wortreich. Es ist schön zu sehen, wie emphatisch unsere Gäste mit den handelnden Personen hinter der Theke umgehen – „Halt nit sieß ich will en Saure“ – „do fehlte Brot“ – Kehrt zu de Knedel nit e Gurk?“ – „In de Subb fehlt die  Worschd“ – „känn Riesling en Müller“. Am Ende haben schließlich alle Gäste, was sie bestellt haben und loben das Engagement und die Freundlichkeit aller Kinder – das tut gut. In den automatisch entstehenden Gesprächen mit den Gästen erleben wir ausnahmslos Bewunderung für dieses Projekt. Alle erkennen die Absicht, die dahinter steht und bewundern das Engagement der Schule so ein Ding auf die Beine zu stellen und Kindern die Chance zu geben sich zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. Wir versorgen unsere Gäste bis weit nach 19 Uhr und das Abendessen, das von den Eltern des  Herausforderungsprofis gespendet wurde, findet schließlich um 20 Uhr 30 statt. Ohne Simon und die beiden Neles würden die Kinder immer noch nichts essen, weil ich genervt bin. Wir hatten Besuch von Freunden, Gattinnen, Hüttenexperten und Kollegen und in dieser Zeit war es an den Kindern, die Hütte zu halten: Essen und Trinken, Kasse – 25 Minuten lang war kein Kind vor Ort. Alle im Wald oder auf der Terrasse. In dieser Zeit wurde die Kasse um 1300 Euro erleichtert. Das müssen wir nun aus eigener Tasche zahlen. Ich inszeniere ein kleines Theaterstück und schaue in entsetzte Augen und peinlich berührte Gesichter. Natürlich war ich der Dieb. aber so etwas darf nicht passieren. Die Hütte und das Geld ohne Aufsicht. Klare Ansage heute Morgen war, dass alle Stationen bis abends mit mindestens einer Person besetzt sind. Das passiert hoffentlich nicht mehr. Natürlich auch mein Fehler, denn bei mir suche ich eh immer zuerst, wenn was schief läuft. 

Alles in Allem war der heutige Tag doch ein gelungener. Die Abläufe in der Küche sind klarer und die Theke kann liefern, wenn sie muss. Wir wissen, wen wir am Sonntag auf keinen Fall einsetzen können und mit anderer Arbeit versorgen müssen. Die Studenten sind eine Sensation in Engagement, Empathie, Geduld und Ideenreichtum. Nele plant einen Neubau mit ImmerHunger. Simon und Nele wollen Schorlehalter für kommende Gastgenerationen bauen und anbringen und unsere freien Tage sind nun auch mit Inhalt gefüllt. Heute habe ich keine Minute ans Longboardfahren gedacht – oder doch? – gerade eben – aber der  Hüttenzauber an seinem vierten Tag hat auch viele Synapsen geöffnet was ma hier alles auf die Beine (Hütte) stellen könnte, wenn alle Beteiligten volles Programm mit voller Empathie für dieses Projekt brennen würden. Der Wald, das Holz, die Steine, die Tiere, die Hütte, der Spielplatz … bieten so viele Anreize für persönliches oder gemeinsames Engagement, dass eigentlich alle den ganzen Tag mit sinnvollen Aufgaben beschäftigt sein könnten. Trotzdem wäre noch genug Zeit und Raum zum Chillen, Spielen und Spaß haben. 

Aber man muss es halt auch wollen. Hier wollen sehr viele, jedoch nicht alle. Zwischendurch war ich so, wie ich noch nie war. Gerne hätte ich zu 6 Jungs gesagt: packt eure Koffer, ihr seid fehl am Platz, ich fahr euch nach Hause. Aber ich habe noch sieben Tage Zeit – also den Synapsenkamm raus und kämmen kämmen kämmen.

Gute Besserung Eval Knievel – wie geht’s dir kranker  ZuHauseGebliebener?
Heute wieder Terrasse – wieder nicht alleine

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